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Hyperöstrogenismus und Hyperandrogenismus bei Hunden und Katzen infolge sekundärer Exposition
Neubert A, Walter B, Wildermuth B: Prakt Tierarzt 104 (12): 1158–1171 DOI 10.2376/0032-681X-2335
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Hyperöstrogenismus und Hyperandrogenismus bei Hunden und Katzen infolge sekundärer Exposition
Hyperestrogenism and hyperandrogenism in dogs and cats due to secondary exposure
Neubert A, Walter B, Wildermuth B: Prakt Tierarzt 104 (12): 1158–1171
DOI 10.2376/0032-681X-2335
DOI 10.2376/0032-681X-2335
Zusammenfassung
Eine unbeabsichtigte Übertragung von bei Menschen topisch angewandten Sexualhormonen auf Haustiere und Kinder ist möglich. Diese können klinische Symptome entwickeln, die auf hormonelle Wirkungen zurückzuführen sind. Nach unserer Kenntnis ist dies die erste systematische Auswertung aller zugänglichen Fallberichte aus der Literatur sowie dem europäischen Pharmakovigilanzsystem.
Klinisch zeigt sich bei Hunden ein sekundärer Hyperöstrogenismus überwiegend durch gemischte Symptome aus den Symptomkategorien urogenital (z. B. Störungen des Östrus und Pyometra bei Hündinnen, Feminisierung bei Rüden, Zitzenhyperplasie) und dermatologisch (Alopezie), wohingegen Katzen Symptome aus den Symptomkategorien urogenital (Störungen des Östrus, Feminisierung, Zitzenhyperplasie) und Verhalten (v. a. im Zusammenhang mit Dauerrolligkeit wie Vokalisieren und Hyperaktivität, Urinmarkieren bei Katern) zeigen. Die in den Fallberichten beschriebenen klinischen Symptome waren bei Katzen schwerwiegender als bei Hunden. Kurzes, feines Fell bzw. rassebedingt fehlendes Fell scheint ein möglicher Risikofaktor zu sein. Zwei Fallberichte mit Hunden > 25 kg Körpergewicht belegen, dass auch bei größeren Hunden differenzialdiagnostisch eine sekundäre Exposition durch die topische Hormonersatztherapie der Besitzer oder Besitzerinnen in Betracht gezogen werden sollte, wenngleich die Mehrzahl der hier betrachteten Hunde kleinen Rassen angehörten oder kleine Mischlinge waren. Eine gründliche Anamnese ist eine preiswerte und vergleichsweise einfache Diagnostikmethode. Weitere Diagnostikmethoden wie Vaginal- oder Präputialzytologie, Hautbiopsie, Hormonbestimmungen und Bildgebungsverfahren können den Verdacht erhärten oder herangezogen werden, um Differenzialdiagnosen wie unvollständige Kastration oder hormonproduzierende Zysten oder Tumoren auszuschließen. Die Therapie besteht in der Expositionsvermeidung. Die Fachinformationen von Humanarzneimitteln mit dem Wirkstoff Estradiol als Spray oder Gel zur transdermalen Anwendung wurden u. a. aufgrund von Informationen aus der Tierärzteschaft angepasst. Jetzt enthalten diese Arzneimittel europaweit einheitlich den Warnhinweis, dass Kinder nicht mit der Körperstelle in Berührung kommen sollten, auf die betreffende Arzneimittel gesprüht bzw. aufgetragen wurden.
Exogener Hyperandrogenismus ist möglicherweise in der Veterinärmedizin unterdiagnostiziert, da keine veterinärmedizinischen Berichte gefunden werden konnten, es aber zahlreiche Berichte betroffener Kinder gibt. Toxikologische Versuche sowie Fallberichte aufgrund von endogenem Hyperandrogenismus weisen darauf hin, dass die Symptome bei Hunden und Katzen aus den Symptomkategorien urogenital (Prostatamegalie), dermatologisch (fettige Seborrhoe, Hunde auch Alopezie), Verhalten (Aggressivität, gesteigerte Libido, Katzen auch Urinmarkieren) und Leber (Leberfunktionsstörungen) stammen könnten. Hunde und Katzen können Virilisierung (Kliteromegalie, veränderte Proportionen, verdickte Haut) aufweisen.
Klinisch zeigt sich bei Hunden ein sekundärer Hyperöstrogenismus überwiegend durch gemischte Symptome aus den Symptomkategorien urogenital (z. B. Störungen des Östrus und Pyometra bei Hündinnen, Feminisierung bei Rüden, Zitzenhyperplasie) und dermatologisch (Alopezie), wohingegen Katzen Symptome aus den Symptomkategorien urogenital (Störungen des Östrus, Feminisierung, Zitzenhyperplasie) und Verhalten (v. a. im Zusammenhang mit Dauerrolligkeit wie Vokalisieren und Hyperaktivität, Urinmarkieren bei Katern) zeigen. Die in den Fallberichten beschriebenen klinischen Symptome waren bei Katzen schwerwiegender als bei Hunden. Kurzes, feines Fell bzw. rassebedingt fehlendes Fell scheint ein möglicher Risikofaktor zu sein. Zwei Fallberichte mit Hunden > 25 kg Körpergewicht belegen, dass auch bei größeren Hunden differenzialdiagnostisch eine sekundäre Exposition durch die topische Hormonersatztherapie der Besitzer oder Besitzerinnen in Betracht gezogen werden sollte, wenngleich die Mehrzahl der hier betrachteten Hunde kleinen Rassen angehörten oder kleine Mischlinge waren. Eine gründliche Anamnese ist eine preiswerte und vergleichsweise einfache Diagnostikmethode. Weitere Diagnostikmethoden wie Vaginal- oder Präputialzytologie, Hautbiopsie, Hormonbestimmungen und Bildgebungsverfahren können den Verdacht erhärten oder herangezogen werden, um Differenzialdiagnosen wie unvollständige Kastration oder hormonproduzierende Zysten oder Tumoren auszuschließen. Die Therapie besteht in der Expositionsvermeidung. Die Fachinformationen von Humanarzneimitteln mit dem Wirkstoff Estradiol als Spray oder Gel zur transdermalen Anwendung wurden u. a. aufgrund von Informationen aus der Tierärzteschaft angepasst. Jetzt enthalten diese Arzneimittel europaweit einheitlich den Warnhinweis, dass Kinder nicht mit der Körperstelle in Berührung kommen sollten, auf die betreffende Arzneimittel gesprüht bzw. aufgetragen wurden.
Exogener Hyperandrogenismus ist möglicherweise in der Veterinärmedizin unterdiagnostiziert, da keine veterinärmedizinischen Berichte gefunden werden konnten, es aber zahlreiche Berichte betroffener Kinder gibt. Toxikologische Versuche sowie Fallberichte aufgrund von endogenem Hyperandrogenismus weisen darauf hin, dass die Symptome bei Hunden und Katzen aus den Symptomkategorien urogenital (Prostatamegalie), dermatologisch (fettige Seborrhoe, Hunde auch Alopezie), Verhalten (Aggressivität, gesteigerte Libido, Katzen auch Urinmarkieren) und Leber (Leberfunktionsstörungen) stammen könnten. Hunde und Katzen können Virilisierung (Kliteromegalie, veränderte Proportionen, verdickte Haut) aufweisen.
Schlüsselwörter
Topische Hormonersatztherapie, Estradiol, Testosteron, exogen
Summary
Unintentional transmission of sex hormones applied topically to humans in pets and children is possible. These may develop clinical symptoms attributable to hormonal effects. To our knowledge, this is the first systematic evaluation of all accessible case reports from the literature as well as the European pharmacovigilance system.
Clinically, secondary hyperestrogenism in dogs presents predominantly with mixed symptoms from the symptom categories urogenital (e.g. disorders of the oestrus and pyometra in bitches, feminisation in males, teat hyperplasia) and dermatological (alopecia), whereas cats show symptoms from the symptom categories urogenital (disorders of the estrus, feminisation, teat hyperplasia) and behavioural (especially in connection with permanent estrus such as vocalisation and hyperactivity, urine marking in male cats). The case reports in cats were more severe than those in dogs. Short, fine fur or lack of fur due to breed appears to be a possible risk factor. Two case reports in dogs >25 kg body weight demonstrate that secondary exposure to topical hormone replacement therapy by owners should also be considered as a differential diagnosis of larger dogs, although the majority of the dogs considered here were small breeds or small mongrels. A thorough anamnesis is an inexpensive and comparatively simple diagnostic method. Other diagnostic methods such as vaginal or preputial cytology, skin biopsy, hormone assays and imaging may confirm the suspicion or be used to rule out differential diagnoses such as incomplete neutering or hormone-producing cysts or tumours. Therapy consists of avoiding exposure. The product information for human medicinal products containing the active substance estradiol as a spray or gel for transdermal application has been adapted, partly as a result of information from veterinarians, and now contains uniform information throughout Europe that children should not come into contact with the part of the body on which the medicinal products in question have been sprayed or applied.
Exogenous hyperandrogenism may be underdiagnosed in veterinary medicine, as no veterinary reports could be found, but there are numerous reports of affected children. Toxicological tests as well as case reports due to endogenous hyperandrogenism indicate that the symptoms in dogs and cats could originate from the symptom categories urogenital (prostatic hypertrophy), dermatological (greasy seborrhoea, dogs also alopecia), behavioural (aggressiveness, increased libido, cats also urine marking), and hepatic (liver dysfunction). Dogs and cats may show virilisation (cliteromegaly, altered proportions, thickened skin).
Clinically, secondary hyperestrogenism in dogs presents predominantly with mixed symptoms from the symptom categories urogenital (e.g. disorders of the oestrus and pyometra in bitches, feminisation in males, teat hyperplasia) and dermatological (alopecia), whereas cats show symptoms from the symptom categories urogenital (disorders of the estrus, feminisation, teat hyperplasia) and behavioural (especially in connection with permanent estrus such as vocalisation and hyperactivity, urine marking in male cats). The case reports in cats were more severe than those in dogs. Short, fine fur or lack of fur due to breed appears to be a possible risk factor. Two case reports in dogs >25 kg body weight demonstrate that secondary exposure to topical hormone replacement therapy by owners should also be considered as a differential diagnosis of larger dogs, although the majority of the dogs considered here were small breeds or small mongrels. A thorough anamnesis is an inexpensive and comparatively simple diagnostic method. Other diagnostic methods such as vaginal or preputial cytology, skin biopsy, hormone assays and imaging may confirm the suspicion or be used to rule out differential diagnoses such as incomplete neutering or hormone-producing cysts or tumours. Therapy consists of avoiding exposure. The product information for human medicinal products containing the active substance estradiol as a spray or gel for transdermal application has been adapted, partly as a result of information from veterinarians, and now contains uniform information throughout Europe that children should not come into contact with the part of the body on which the medicinal products in question have been sprayed or applied.
Exogenous hyperandrogenism may be underdiagnosed in veterinary medicine, as no veterinary reports could be found, but there are numerous reports of affected children. Toxicological tests as well as case reports due to endogenous hyperandrogenism indicate that the symptoms in dogs and cats could originate from the symptom categories urogenital (prostatic hypertrophy), dermatological (greasy seborrhoea, dogs also alopecia), behavioural (aggressiveness, increased libido, cats also urine marking), and hepatic (liver dysfunction). Dogs and cats may show virilisation (cliteromegaly, altered proportions, thickened skin).
Keywords
topical hormone replacement therapy, estradiol, testosterone, exogen
In diesem Kurs enthalten:
- Artikel zur Fortbildung
- Wissenstest zur ATF-Zertifizierung
Anerkennung
1 ATF-Stunde |
Autorin
Dr. Ann Neubert
Referentin im Referat 322 Pharmakovigilanz beim Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit.
Preisinformationen
Die ATF-anerkannte interaktive Fortbildung können Sie bequem online erwerben.
Abonnenten von Der Praktische Tierarzt bestellen kostenfrei (maximal ein Teilnehmer pro Abonnement)!
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Sonderregelung für Praxen:
Innerhalb einer Praxis können maximal zwei Teilnehmer pro Abonnement die Fortbildungen kostenfrei nutzen (1 Inhaber und 1 Assistent oder 2 Inhaber nehmen teil). Hierzu muss sich jeder Teilnehmer einzeln registrieren, einloggen sowie die Bestellung durchführen.
Nicht möglich ist die Teilnahme von einer zweiten Person, die außerhalb der Praxis tätig ist.
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- Die Fortbildung können Sie einmalig wiederholen.
- Die Teilnahme ist innerhalb eines Jahres ab Publikationsdatum, in diesem Fall bis zum 1. Dezember 2024, möglich.
- Der Fachbeitrag steht Ihnen dann als PDF-Datei zur Verfügung.
- Die Beantwortung der Fragen erfolgt direkt online über unser Fragebogenmodul.
- Wenn Sie mindestens 70 Prozent der Fragen richtig beantworten, wird Ihnen diese Fortbildung mit 1 ATF-Stunde anerkannt.